Tiny House - Teil 1: Mein Weg zum Wohnen auf Rädern

Seit letztem Jahr beschäftige ich mich mit dem Thema „Minimalistisches Wohnen“ und habe schon öfter mit einem sogenannten „Tiny House“ geliebäugelt.

Anfang Februar des Jahres 2018 - huch, das ist ja fast noch ganz frisch – wurde dieser vage Traum zu einem handfesten Wunsch. Also begann ich zu recherchieren.

Mangels eigenem Grundstück entschied ich mich schnell dazu, mein zukünftiges Häuschen auf einem Campingplatz zu "parken". Gedacht, gefunden, angeschaut. Am 22.02. besichtigte ich einen Campingplatz in Schönau in der Pfalz und war vom Platz und vom Besitzer begeistert. Auch wenn das Häuschen bislang nur in meiner Vorstellung existierte, überlegten wir bereits, welcher Stellplatz geeignet wäre und wie wir das Haus durch den Campingplatz laviert bekämen.


Kurz darauf entdeckte ich auf einem Kleinanzeigen-Portal einen Tiny House-Anbieter in Brandenburg, der sein Modell "Malmö"nennt. Ja, es sah aus wie ein schwedisches Häuschen auf Rädern in den Farben rot und weiß. Der Preis war unschlagbar. Also vereinbarte ich einen Termin zur Besichtigung und einem Gespräch Ende Februar. So klein diese Häuschen auf den Bildern auch aussehen - Platz ist tatsächlich in der kleinsten Hütte. Nach der Vor-Ort-Besichtigung war ich mir sicher: Ich würde mir so ein fahrbares Häuschen zulegen.

Campingplatz - check. Haus - check. Alles geklärt? Nö! Das Haus hat eine Höhe von 3,95m. Die deutsche Campingplatzverordnung schreibt vor, dass "Gebäude" auf einem Campingplatz eine Höhe von maximal 3,50m haben dürfen. Der Campingplatz-Betreiber würde ein Auge zu drücken, jedoch müsste ich den Platz räumen, sollte jemand auch nur das Geringste dagegen haben. Was tun? Richtig: nach Rücksprache mit dem Häusle-Bauer wurde das Haus einfach einen halben Meter tiefer gelegt. In der Regel hat ein Tiny House eine Schlafempore. Beim Modell "Malmö" befindet sich diese über Küche und Bad. Die Innenraumhöhe für das Campingplatz-konforme Modell würde das nicht hergeben und so schlug der Anbieter kurzerhand vor, dass wir das Bett tagsüber unter Küche und Bad verstecken könnten. Mein bester Freund und Architekt (Matthias Andres aus Rostock) erstellte daraufhin einen Plan und so wurde seit Anfang März fleißig am Haus gesägt, gehämmert und gebohrt.

Damit nicht genug. Ich dachte schon wieder an viele andere Dinge:

  • Wo wird das Haus in Zukunft stehen?
  • Wie heize ich im Winter?
  • Wie erreiche ich einen nahezu autarken Zustand bei der Wasserversorgung?
  • Welche platzsparenden Möbel kommen ins Haus?

Standort des Hauses

Da das Häuschen als Feriendomizil und Rückzugsort genutzt werden soll, bietet sich ein Gartengrundstück als Stellplatz an. Solch ein Grundstück habe ich mittlerweile in der nahen Umgebung gefunden und es ist genau so, wie ich es mir vorgestellt habe. Ein umzäuntes Gelände, auf dem Natur pur regiert. Es gibt keinen Anschluss für Wasser und auch keinen Strom. Dafür umso mehr Bäume und Gras. Traumhaft. Das motiviert mich dazu, eine nahezu vollständige Autarkie anzustreben.

Heizen im Winter

Es wird Zeiten geben, an denen ich das Häuschen häufig nutze und es wird Phasen geben, an denen ich nur selten vor Ort bin. Dennoch sollten im Häuschen, gerade im Winter, einigermaßen gleichmäßige Temperaturen herrschen, so dass Schimmel vermieden wird. Wie also heizen, vor allem, wenn eine gewisse Mindesttemperatur vorherrschen und die Heizung aus der Ferne bedient werden soll. Heizen mit Strom wäre eine nicht so aufwändige Geschichte, zumal Infrarotheizkörper relativ genügsam mit dem Strom umgehen können und den Vorteil bieten, dass sie Oberflächen erwärmen, wodurch immer eine angenehme Wärme im Raum strahlt. Aber auch bei geringen zu erreichenden Temperaturen im Wohnraum wird eine ordentliche Menge Strom benötigt, für die ich eine geeignete Menge an Batteriekapazität bereit stellen müsste. Gleichzeitig muss eine Solaranlage ausreichend groß dimensioniert sein, um auch im Winter ausreichend Sonnenenergie zu speichern. Das wird teuer. Eine andere Variante wäre das Heizen mittels Pelletofen. Eine feine Sache, denn die Geräte kommen mittlerweile ohne Gebläse aus und sind per App aus der Ferne steuerbar. Nur möchte ich in meinem Häuschen ein Feuer haben, wenn ich nicht da bin? Ausgeschlossen. Ebenso verhält es sich mit Gas. Das Haus verfügt über Gasflaschen, da damit gekocht, gebacken und das Wasser erwärmt wird. Ruckzuck wären die Flaschen leer. Das einzige Heizmedium, was einen guten Kompromiss zwischen Brennstoffeinsatz, Kosten und Gefahrenminimierung darstellt, ist eine Luftstandheizung aus dem PKW/Camping-Bereich. Daher entschied ich mich für eine Planar 2d mit Dieseltank und GSM Modul. Über ein digitales Display kann einerseits die Minimaltemperatur eingestellt werden (funktioniert dann ähnlich wie ein Frostwächter) und andererseits kann ich die Heizung aus der Ferne steuern. Jede Störung wird gemeldet und sollte ich eine höhere Temperatur im Haus wünschen, rufe ich an.

Autarkie bei der Wasserversorgung

Bleibt nur noch die Frage der Wasserversorgung. Dazu habe ich mir die Frage gestellt, wo ich am meisten Wasser verbrauche und wo gleichzeitig am meisten Abwasser entsteht. Die Antwort ist so einfach wie erschreckend: bei der Körperhygiene, genauer gesagt beim Duschen. Abwasser aus der Toilette habe ich nicht, da eine Trockentoilette zum Einsatz kommt. Ich habe zunächst darüber nachgedacht, ein Duschwassersystem zu installieren, bei dem das Wasser in einem Kreislauf zirkuliert. Dabei wird das System mit 10 bis 15 Litern Wasser befüllt und das Wasser wird in einem Kreislauf gereinigt und erwärmt, läuft aus dem Duschkopf und wird am Abfluss abgesaugt und wieder gereinigt, ... Dieses System heißt showerloop, ist ein OpenSource Projekt und kann unter www.showerloop.org bezogen werden. Allerdings steckt das Projekt noch etwas in den Kinderschuhen und ich habe ja noch den Anspruch, in der Küche kochen zu können. Hilft ja nix, wenn das saubere Wasser nur aus dem Duschkopf läuft. Also besteht die einzige Möglichkeit, die ich am Zielort des Hauses - dem Gartengrundstück – habe, in der Nutzung von Regenwasser. Für die Aufbereitung von Regenwasser gibt es diverse Systeme am Markt. Nachdem ich mich mit Joachim von www.famous-water.com beraten hatte, entschied ich mich für ein Filtersystem mit 4 Kartuschen. Über dieses System wird das Wasser aufbereitet, bevor es in den Frischwassertank fließt. Das Wasser, welches im Haus verwendet wird, wird in Zukunft ausschließlich mit Naturprodukten kontaminiert. Dazu plane ich, Seifen aus Naturprodukten einzusetzen, die keine chemischen Stoffe beinhalten. Somit hat sich das Thema "Abwasser" auch wie von selbst erledigt. Sobald ich darüber mehr weiß und meine Erfahrungen gesammelt habe, werde ich noch einen Artikel dazu schreiben.

Möbel

Die Frage nach den Möbeln beantworte ich im nächsten Beitrag, denn in diesem Fall sagen Bilder mehr als tausend Worte.

Tiny House - Warum?

Zum Schluss möchte ich noch die entscheidende Frage beantworten: Warum ein Tiny House?

Das Tiny House stellt für mich die kompromissloseste Form des Minimalismus da. Auf wenigen Quadratmetern (etwa 20) werde ich das "unterbringen" oder leisten müssen, was andere auf 100qm oder mehr machen. Unnütze Dinge haben in diesem Haus nichts verloren, wobei die Frage nach dem Nutzen sehr individuell zu beantworten ist. Und natürlich ist es eine günstige Form, eigenen Wohnraum zu schaffen. Die finanziellen Verpflichtungen beschränken sich auf wenige Jahre. Wohnraum in Stein würde mich das eine oder andere Jahrzehnt binden und genau das schreckt mich ab. Was mit meinen Falträdern begann, mündet nun also in einer neuen Form der Nutzung von Wohnraum: Das Tiny House wird (m)ein Versuch werden, Dinge anders zu machen und dem Motto "weniger ist mehr" zu folgen.


Morgen, bevor ich eine Runde mit dem Brompton auf dem Mauerradweg in Berlin drehe, fahre ich das Haus besuchen. Mitte Mai - also etwa dreieinhalb Monate nach der Idee - wird es fertig sein und im zweiten Teil berichte ich mehr.

Kommentare

  1. Spannende Sache! Werde ich mit Interesse weiter verfolgen!
    Irgendwie ist das Leben übersichtlicher, wenn man nicht zu viel Kram anhäuft!
    Viel Erfolg und viele Grüße aus Duisburg,
    Markus

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    1. Hallo Markus,

      Danke Dir für deine Rückmeldung. Was du schreibst ist vollkommen richtig. Die Übersichtlichkeit, die sich bei mir durch die Reduktion der Gegenstände eingestellt hat war ausschlaggebend für dieses Projekt. Übersichtlichkeit und das Gefühl von Befreiung gehen Hand in Hand.

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  2. sehr interessant!!
    Ich finde die Idee prima, bin mir aber nicht sicher, ob ich das durchhalten könnte.

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    1. Hallo Reimund,

      ob ich es konsequent durchhalten werde, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht hundertprozentig sagen. Für mich ist es ein Experiment. Wenn es gelingt, habe ich ein Stück Unabhängigkeit gewonnen. Wenn nicht, habe ich ein Feriendomizil gewonnen - ok, entspricht nicht ganz dem Minimalismus Gedanken, beruhigt aber aufgrund der Risiko Minimierung das Gewissen :)

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