Von Berlin nach Greifswald
Premiere: der audiovisuelle Reisebericht
Bevor ihr Euch in den klassischen Reisebericht zu meiner Tour von Berlin nach Greifswald stürzt, habe ich etwas neues für Euch. Ich probiere erstmalig aus, Bilder, Kartendaten und meine Stimme zu kombinieren. Letztere ist Geschmackssache :) macht das Erlebnis aber nochmals um einiges persönlicher. Ich bin gespannt, wie diese Form des Reiseberichts ankommt. Viel Spaß.Hinweis: Das Video ist auf der Plattform Vimeo gespeichert und wird durch Klick von dort widergegeben.
Los geht's
Mitte des Jahres 2022 – und bei mir ist es im Kopf so chaotisch wie auf den Bahnsteigen im Rest der Republik. Ich habe eine Woche Urlaub und ich weiß, ich will Radfahren. Ich weiß sogar mit wem. Matthias, den wir ja schon von der Reise von Köln an den Bodensee kennen. Ich weiß auch, wo die Reise startet. Sie startet in Berlin. Doch wie so oft, ist die Richtung noch nicht ganz klar.
Die klärt sich in einem kurzen Telefonat und einem Blick in das große Buch der Radfernwege. Es geht nach Norden, genauer nach Usedom. Mit dem Zug fahren Faltrad und ich am 25.06.2022 nach Berlin. Dort treffe ich mich abends noch mit lieben Menschen aus meinem Umfeld und erhalte die Nachricht, dass zu Hause das böse C ausgebrochen sei. Uff. Matthias schrieb mir ebenfalls, er habe sich positiv getestet. Das waren mir für den Moment eindeutig zu viele positive Nachrichten. Doch wir reagieren besonnen.
Am nächsten Morgen hat Matthias fleißig weiter getestet und Gott sei Dank wurde das Ergebnis vom Vorabend revidiert. Die Reise kann negativ starten, zumindest was das C angeht. Am Sonntag, den 26.06.2022 startet die Tour am Berliner Hauptbahnhof. Mit 120 Minuten Verspätung geht es los – doch für diese Verspätung kann die Bahn nix, mit der Matthias angereist ist
Raus aus Berlin!
Die Fahrt aus Berlin heraus beginnt ein klein wenig unkoordiniert. Wir versuchen Schildern zu folgen, die wir nicht auf Anhieb finden. Doch irgendwann treffen wir auf die Straße nach Bernau. Geht doch.
Wir fahren nicht langsam, rasen aber auch nicht. Man könnte meinen, wir haben Urlaub und genießen. Wir machen Rast beim legendären Schleusenwirt. Aufgrund der unfassbar hohen Temperaturen habe ich Probleme mein alkoholfreies Hefe Weizen korrekt zu bestellen. Im Wahn der Hitze bestelle ich stattdessen ein hefefreies Weizen und wundere mich noch, warum ich nur einen komischen Blick des Schleusenwirt-Personals ernte. Irgendwann raffe ich, was schief-gelaufen ist und schwupp wird das hefefreie Weizen zum geflügelten Wort des Tages.
Um 18:15 Uhr erreichen wir gemeinsam mit einem dritten Radfahrer (Thomas aus Hoyerswerda, der uns öfters begegnen wird) dann auch das heutige Etappenziel, den Campingplatz am Werbellinsee. Die Dame des Platzes begrüßt uns mit einem freundlichen: „wir haben eigentlich seit 18 Uhr zu, man kann sich im Internet vorher informieren.“ Ist gespeichert und schon geht es weiter: aufgrund nicht vorhandener Koordination (oder war es Konzentration?) dauert das erste Bier des Abends in der Lokalität des Campingplatzes geschlagene 14 Minuten. Die 20 Euro Übernachtungsgebühren macht der Platz mit einer traumhaften Aussicht wett.
Unterwegs auf dem Fernradweg
Am nächsten Morgen machten wir und zeitig auf den Weg. Zeitig, weil wir die Hoffnung hatten, dass es noch einigermaßen kühl sein könnte. Vorbei an längst vergessenen Einwohnern, düsten wir zum nächstgelegenen Edeka und trafen…? Richtig, Thomas. Auf dem weiteren Weg ging es durch reichlich Gegend. Wir hielten an einer speziellen Einkehr für Radler. Eine unfassbar freundliche Dame begrüßte und bewirtete uns. Das war dann wohl das Kontrastprogramm zum gestrigen Abend :)
Kurz vor Prenzlau hielten wir noch einmal an einem Hof an, der eigentlich geschlossen hatte. Hier hatte man jedoch ein Herz für halb vertrocknete Radfahrer, bewirtete uns mit kühlen Getränken und ließ uns auch noch unsere Wasserflaschen auffüllen. Dafür noch mal ein ganz dickes Danke. Wir schwitzten uns weiter unseren Weg. Selten waren wir an diesem Tag schneller als die Temperaturen hoch.
Wir hielten auf einem Campingplatz in Prenzlau und trafen? Richtig! Thomas. Eben war die Wiese noch leer, nach dem ersten Bier waren gute 43 Schülerinnen und Schüler eines Berliner Sportgymnasiums um uns herum, die bei dieser Affenhitze an einem Sportevent teilnahmen. Respekt. Am folgenden Morgen waren um 06:45 Uhr bereits alle Schüler:innen wach und eifrig dabei, ihre Zelte zu verstauen. Die waren alle recht leise. Nur Thomas nicht. Der hatte nix besseres zu tun, als auf der Bank hinter meinem Zelt einen sturmsicheren Gaskocher in Betrieb zu nehmen. Das Ding hörte sich im Zelt so laut an, als würde ein Düsenjet starten. Und das vor dem ersten Kaffee. Unfassbar.
Den ersten Kaffee des Tages gab es in einem kleinen urigen Bio Laden in Prenzlau. Im benachbarten Fahrradgeschäft führten wir noch ein kurzes Gespräch mit dem Geschäftsführer, der uns die Themen des Personalmangels sowie der schwierigen Liefersituation nicht vorenthielt. Ich hatte definitiv Mitgefühl. Dann ging es schnurstracks durch Orte mit lustigen Namen und über blühende Felder nach Mecklenburg-Vorpommern. In Pasewalk gab es ein richtiges Radleressen: Senfeier. Wann habe ich das letzte Mal so einfach so lecker gegessen?
Weiter geht es gen Norden. Vorbei an den Truppenübungsplätzen um Torgelow und Eggesin. Hier begegnete uns eine Gruppe der Jugendlichen vom vorherigen Abend wieder. Der Gegenwind begleitete uns beinahe den ganzen Tag – sogar bis zum heutigen Ziel: Ueckermünde. Wir ließen uns auf einem Katzenfreundlichen Campingplatz nieder (Spoiler: Matthias liebt Katzen über alles). Wir waren glücklich. Gemeinsam mit 43 Jugendlichen – ihr wisst, welche ich meine. :)
Ab Ueckermünde gibt es verschiedene Möglichkeiten, um auf die Insel Usedom zu kommen. Nach einem Bäcker-Frühstück in der Stadt und ein bisschen Touri-Spaß besteigen wir eine Fähre, die uns nach Swinemünde bringen wird. Wir genießen die kurze Überfahrt bei strahlendem Sonnenschein und sind verblüfft, dass wir nicht die einzigen mit einem Tern Faltrad an Bord sind. Es hat sich noch ein Vektron dazugesellt. Ein tolles Fahrrad. Dann geht’s über die Grenze in Richtung der Seebäder der Insel. Ein Campingplatz ungeahnter Ausmaße zieht sich am Ort Usedom vorbei und hier treffe ich auf einen alten Bekannten: Ein Tiny House aus Brandenburg, welches ich als erstes besichtigt habe, bevor ich meins kaufte. Die Welt ist so klein. :)
Wir radeln weiter und genießen das nächste genialer Radler-Essen: Nudeln mit Jägerschnitzel – nicht das übliche, nein das gute Ostdeutsche: gebratene Jagdwurst nebst Nudeln mit Tomatensoße. Kurz darauf kreuzten die Jugendlichen des Sportgymnasiums erneut unseren Weg, während wir uns auf den Weg gen Peenemünde machten. Der dortige Campingplatz ist nichts anderes als eine Wiese eines Wasserportvereins, die im Sommer zur Zeltwiese umfunktioniert wurde. Herrlich. Wir beschließen, einen Tag Pause einzulegen.
Am Folgetag setzen wir über die Peene und wandeln auf den Spuren meiner Kindheit. Ich schaue am ehemaligen Haus meiner Oma vorbei. Erinnerungen werden wach. Es sind schöne Erinnerungen. Nach einem kurzen Abstecher in den Garten meiner Tante fahren wir zurück nach Peenemünde und besuchen das historisch-technische Museum. Auch hier wird es sehr nachdenklich, denn die hier aus- und dargestellten Themen sind in diesem Jahr aktueller denn je.
Abends werden wir auf der Campingwiese von einem jungen Border Collie begrüßt. Hund und Besitzerin begeistern mich. Zum einen ist der Hund total relaxed und zum anderen ist Frauchen mit Collie Ziggy seit mehreren Wochen unterwegs und wird noch die gesamte Küste in entspanntem Tempo bereisen.
Am folgenden Morgen wollten wir mit der Fähre nach Rügen. Diese hat allerdings spontan beschlossen, nicht zu fahren. So setzen wir aufs Festland über und machen uns bei strahlendem Sonnenschein über Freest und Lubmin auf den Weg Richtung Greifswald. Hier erahnen wir auch langsam, warum man uns Rügen ersparen wollte: der Himmel zog sich zu. Kurzentschlossen stiegen wir in Greifswald in den Zug nach Wismar. Nicht, ohne die Schüler:innen des Sportgymnasiums ein letztes Mal zu begegnen. Zufälle…
Ich stattete meinen Eltern einen spontanen Besuch in Wismar ab und machte mich am Sonntag mit dem Zug über Berlin auf den Weg nach Hause. Jeder schöne Urlaub ist leider einmal vorbei. Dieses Mal hatte die Bahn allerdings noch eine tolle Überraschung für mich parat: es gab eine Störung im Berliner Ostbahnhof, die zu einem absoluten Chaos am Hauptbahnhof sowie 130 Minuten Verspätung meines Zuges führte. Egal, Hauptsache er fährt. Und er fuhr. :)
Übersicht über die Etappen
Tag | Etappe | Entfernung |
26.06.2022, Sonntag | Berlin – Joachimsthal | 62,42 km |
27.06.2022, Montag | Joachimsthal – Prenzlau | 69,36 km |
28.06.2022, Dienstag | Prenzlau – Grambin | 72,43 km |
29.06.2022, Mittwoch | Grambin – Peenemünde | 57,32 km |
30.06.2022, Donnerstag | Ruhepause | |
01.07.2022, Freitag | Peenemünde – Greifswald | 39,28 km |
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