Weihnachten auf Baltrum – oder: Wenn sogar die Gedanken langsamer werden

Dieses Jahr verbringe ich Weihnachten auf Baltrum.

Einem dieser Orte, die gern als Sandhaufen bezeichnet werden – was unfair ist, aber irgendwie auch liebevoll. Einer der schönsten Sandhaufen, die die Nordsee zu bieten hat. Und vor allem: einer, der weiß, wie man runterfährt.



Baltrum ist autofrei.

Was erstmal nach Verzicht klingt, entpuppt sich sehr schnell als Geschenk. Keine Motorengeräusche, kein „Ich müsste noch schnell…“, kein Parkplatzstress. Man kommt an und merkt: Hier wird nichts beschleunigt. Nicht der Verkehr. Nicht der Alltag. Und irgendwann auch nicht mehr die eigenen Gedanken.


Weihnachten auf der Insel fühlt sich anders an als auf dem Festland.

Es ist weihnachtlich geschmückt, ja. Aber nicht so in your face. Keine blinkenden Rentiere, keine Lichterketten mit epileptischem Potenzial. Stattdessen: ein paar Lichter, ein paar Tannen, genug, um zu sagen Ja, wir wissen, dass Weihnachten ist, ohne es jedem permanent ins Ohr zu schreien.


Die Gemeinde ist klein, aber fein.

So fein, dass man mich einfach zum Krippenspiel in der Kirche einlädt. Ganz selbstverständlich. Ich bin nicht religiös, aber ich sitze trotzdem dort und merke, dass es mir gefällt, wie Menschen zusammenkommen, etwas gemeinsam auf die Beine stellen und sich dafür Zeit nehmen. Die Kinder ziehen als im wahrsten Sinne des Wortes leuchtende Engel durch die Kirche, und gerade als man denkt, schöner wird es heute nicht mehr, wird als Highlight ein Pony hereingeführt, das seelenruhig seinen Weg durch das Krippenspiel macht. Keine große Inszenierung, kein Spektakel – einfach ein Pony in einer Kirche auf einer Nordseeinsel. Grandios. Und irgendwo zwischen Engeln, Pony und Gemeinschaft frage ich mich, warum wir uns eigentlich erst an einen Termin, eine Tradition oder ein Kirchengebäude erinnern müssen, um genau das zu tun: zusammenzukommen und gemeinsam etwas zu erleben.


Was Baltrum außerdem besonders gut kann: Leere.

Im besten Sinne. Spaziergänge durch die Dünen fühlen sich hier an wie eine Einladung zum Nachdenken. Oder zum Nicht-Nachdenken. Beides funktioniert erstaunlich gut. Der Wind sortiert die Gedanken neu, die Weite relativiert vieles, was vorher noch wichtig schien. Und wenn man Glück hat – oder einfach zur richtigen Zeit draußen ist – gibt es diese Sonnenuntergänge. Kostenlos. Großartig. Unaufgeregt spektakulär. Kein Filter nötig, außer vielleicht kalte Hände in den Jackentaschen.


Ich merke, wie gut mir dieses leise Weihnachten tut.

Ohne To-do-Listen, ohne Pflichttermine, ohne das Gefühl, irgendetwas verpassen zu müssen. Stattdessen: Gehen, Schauen, Durchatmen. Und manchmal auch Schmunzeln darüber, wie wenig es eigentlich braucht, um sich weihnachtlich zu fühlen.


Vielleicht ist das das größte Geschenk an diesem Ort:

Baltrum macht nichts Besonderes aus Weihnachten. Und genau dadurch wird es besonders.

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